Judith Skudelny

Newsletter Mai/Juni 2019

Das Europawahlergebnis war nicht gut. Es enttäuscht gerade im Vergleich mit den Resultaten der Kommunalwahlen in Baden-Württemberg. In zahlreichen Kreisen haben wir dank der guten Politik vor Ort viele Mandate hinzugewonnen. Diese Zustimmung konnten wir bei der Europawahl nicht verbuchen. Eine schwache Wahlkampagne konnte die Wählerinnen und Wähler nicht mobilisieren. Viele Orts- und Kreisverbände haben frühzeitig Kritik geübt, die Landesverbände haben diese aufgegriffen und weitergetragen. Auch die FDP-Bundestagsfraktion hat sich mit dieser Kritik beschäftigt. Christian Lindner hat in der Fraktion das Europawahlergebnis als Warnschuss für die Partei bezeichnet. Erfolg ist kein Selbstläufer. Gute Inhalte alleine reichen nicht aus, sie müssen auch entsprechend transportiert werden. Bei der nächsten Europawahl muss es unser Anspruch sein, besser abzuschneiden. Bedeutende Themenfelder wie Umwelt-, Klima- und Flüchtlingspolitik werden heute durch EU-Gesetzgebung geregelt. Da muss die FDP mitreden.

Trotz des schwachen Ergebnisses in Deutschland ist die liberale ALDE-Fraktion aus der Wahl gestärkt hervorgegangen und nun klar die dritte Kraft im Europäischen Parlament. In Baden-Württemberg können wir zumindest damit zufrieden sein, dass die FDP hier das beste Ergebnis aller Landesverbände erzielt hat und wir mit Andreas Glück wieder einen Abgeordneten in Brüssel stellen.

Der Wechsel an der SPD-Spitze beherrscht diese Woche die Schlagzeilen. Die Partei- und Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles ist zurückgetreten. Einen Nachfolger will die Fraktion voraussichtlich erst im September wählen. Diese Lösung ist pure Feigheit vor den anstehenden Landtagswahlen im Herbst in Sachsen, Brandenburg und Thüringen. Das Chaos in der SPD lähmt die Große Koalition. Es kann nicht der Anspruch der Bundesregierung sein, nur zu verwalten statt zu regieren. Deutschland braucht rasche Klarheit über die Regierungsverhältnisse.

Ich möchte an dieser Stelle noch einen Einblick in die Beschwerlichkeiten der Pressearbeit in Stuttgart geben: Aufgrund meiner Anfrage musste die Bundesregierung einräumen, dass der Verbrauch dünner Plastiktüten in den Obst- und Gemüseabteilungen deutscher Supermärkte angestiegen ist. Die Meldung dazu wurde bundesweit verbreitet. Tagesschau.de, NDR, Taz, Berliner Morgenpost, Märkische Allgemeine Zeitung, Sächsische Zeitung und viele weitere Medien haben mich namentlich erwähnt und auch mein Statement abgedruckt. Ausgerechnet in den Stuttgarter Nachrichten und der Stuttgarter Zeitung sucht man meinen Namen im Zeitungsartikel jedoch vergeblich. In meinem eigenen Wahlkreis ist ganz allgemein von einer Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion die Rede. Das kann kein Zufall sein. Da sieht man wieder, wie schwierig die Pressearbeit sich mit unseren beiden großen Zeitungen nach wie vor gestaltet.

Die Themen in meinem aktuellen Newsletter sind 70 Jahre Grundgesetz, der UN-Artenschutzbericht, die Finanzlage der Bundesrepublik und das geplante Verbot von Einwegbechern der Umweltministerin. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!

Ihre

Judith Skudelny

70 Jahre Grundgesetz: Fundament für Staat und Gesellschaft

Freiheit, Vielfalt, Selbstbestimmung: 70 Jahre Grundgesetz sind nur ein Meilenstein auf einem Weg, den wir weiter gehen müssen! Mit dem Grundgesetz haben wir die beste und freiheitlichste Verfassung, die es auf deutschem Boden jemals gab. Das Grundgesetz hat Erfolgsgeschichte geschrieben. Doch es lässt sich nicht verhehlen, dass es an manchen Stellen in die Jahre gekommen ist. Die Herausforderungen im Jahr 2019 und in Zukunft sind andere, als sich die Mütter und Väter des Grundgesetzes 1949 je hätten ausmalen können. Die Kluft zwischen technischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Realität einerseits und den verfassungsrechtlichen Grundaussagen andererseits wird immer größer. Um das Grundgesetz für diese Entwicklung fit zu machen, wollen wir Freie Demokraten die Verfassung in bestimmten Punkten anpassen und weiterentwickeln.

Diesen Monat haben wir 70 Jahre Grundgesetz gefeiert. Es ist das Fundament unseres Landes. Es gibt die Grundregeln vor, wie unser Staat und wie unser Zusammenleben funktioniert. Das Jubiläum ist eine wunderbare Gelegenheit, sich mit seinem Inhalt zu befassen.

Die Mütter und Väter des Grundgesetzes wussten, dass eine Verfassung mit Leben erfüllt werden muss. Die Verfassung formuliert einen Rahmen, den es auszufüllen und auch weiterzuentwickeln gilt. Damit das möglich ist, wurde der Text an vielen Stellen bewusst offen und interpretationsfähig gelassen. Das spiegelt sich übrigens auch im Namen wider. Der Begriff Verfassung wurde bewusst vermieden, da es  1949 als Provisorium für das geteilte Land gedacht war. Durch seine Offenheit hat sich das Grundgesetz immer wieder an neue Gegebenheiten anpassen können und im Zusammenspiel mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht Herausforderungen gemeistert, die 1949 noch gar nicht vorhersehbar waren.

Trotz dieser Flexibilität gerät das Grundgesetz mittlerweile in einigen Punkten aber an die Grenzen seiner politischen Gestaltungsspielräume für die Zukunft von Staat und Gesellschaft. Nirgends ist das so offensichtlich wie im Bereich der Digitalisierung. Von Social Bots über Datenmissbrauch bis hin zum digitalen Börsenhandel, bei dem Algorithmen ohne menschliche Beteiligung miteinander handeln, wird klar: Der Staat tut sich schwer dabei, die digitalen Räume zu kontrollieren. Und das Grundgesetz in seiner aktuellen Form ist dafür nicht vorbereitet. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar im Wege der Rechtsfortbildung die Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung und auf Integrität und Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme geschaffen. Aber reicht das aus, wenn große Digitalkonzerne Daten horten und verkaufen? Wenn persönliche Informationen zur Handelsware werden, verschwimmen die Grenzen zwischen Daten- und Eigentumsschutz. Ähnlich sieht es beim Grundrechtskatalog aus. Für die Verhältnisse von 1949 wurden alle wichtigen Grundrechte angemessen geschützt. Heute jedoch stellen sich neue Fragen. Es wird also Zeit für ein Update unserer Verfassung. Anlässlich des 70. Geburtstags des Grundgesetzes haben wir Freie Demokraten einige Ergänzungen und Überarbeitungen der Verfassung vorgeschlagen.

Wir müssen das Grundgesetz der digitalen Wirklichkeit anpassen. Die Grundrechte, die für die digitale Welt von besonderer Bedeutung sind, wollen wir zusammenfassen und neu in die Verfassung aufnehmen. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in seinem Volkszählungsurteil das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus dem Grundgesetz hergeleitet. Zusammen mit dem IT-Grundrecht, das die Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gewährleistet, ergibt sich daraus ein zukunftsweisender Schutz der digitalen Privatsphäre. Das ist gut, aber es ist eigentlich die Aufgabe des Verfassungsgebers, einen zeitgemäßen Schutz für die Menschen zu gewährleisten, nicht der Rechtsprechung. Ein Vorbild dafür existiert bereits. Die EU-Grundrechte-Charta sichert in Artikel 8 die Grundprinzipien des Datenschutzes.

Würden wir das Grundgesetz heute neu schreiben, wäre das Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität zweifellos enthalten. Es ist überfällig, dass wir diesen Punkt aufnehmen. Bislang schützt Artikel 3 vor Ungleichbehandlung aufgrund von Merkmalen wie Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat und Herkunft, Glauben und religiöser oder politischer Anschauung. 1994 wurden die Schutzmerkmale um Behinderung ergänzt. Mit der Aufnahme der sexuellen Identität wollen wir jetzt Lesben, Schwule und Bisexuelle besser schützen.

Die Ergänzung ist deshalb so wichtig, weil homo- und bisexuelle Menschen die einzige Gruppe sind, die zwar im Nationalsozialismus verfolgt wurde, die das Grundgesetz aber bis heute nicht explizit schützt. Die Aufnahme in die Grundrechte würde für diese vom Grundgesetz bislang unberücksichtigten Menschen endgültig ein klares Signal gegen Diskriminierung und Hass setzen.

Es handelt sich dabei um viel mehr als bloße Symbolpolitik: An der aktuellen Rechtslage verändert sich durch die Aufnahme in die Grundrechte zwar nichts, aber die derzeitige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts würde endlich auch verfassungsrechtlich abgesichert. Ohne diesen Zusatz stellt das Grundgesetz keinen wirksamen Schutz für diese Gruppe dar. Noch 1957 und 1973 bestätigte das Bundesverfassungsgericht, dass eine Strafe für einvernehmliche homosexuelle Handlungen von Männern verfassungskonform sei. Wenn wir uns ansehen, dass radikale Kräfte zu erstarken scheinen, ist ein erneuter Wandel in der Gesellschaft leider nicht auszuschließen. Die Aufnahme des Merkmals in Artikel 3 Absatz 3 GG sichert eine unmissverständliche Anerkennung der Existenz und Rechte. Sie stellt sicher, dass sich Unrecht wie die strafrechtliche Verfolgung von Schwulen nach § 175 StGB auf Basis des Grundgesetzes nicht wiederholen kann.

Die Landesverfassungen von Berlin, Brandenburg, Bremen, von Thüringen und vom Saarland sowie die Grundrechtscharta enthalten diese Regelung bereits. Auch in anderen Ländern wie Portugal, Schweden oder Südafrika finden sich entsprechende Diskriminierungsverbote.

Übrigens: Eine enge Auslegung von sexueller Identität bedeutet keine Verkürzung des verfassungsrechtlichen Schutzes für Transgender, transgeschlechtliche und intergeschlechtliche Menschen. Die geschlechtliche Identität ist bereits jetzt voll vom Merkmal Geschlecht in Artikel 3 Absatz 33 GG abgedeckt.

Ein modernisiertes Grundgesetz bedeutet aber nicht nur die Aufnahme neuer Aspekte, es bedingt auch, dass wir Punkte streichen, die überholt sind. Artikel 15 GG wirkt geradezu aus der Zeit gefallen. Er betrifft die Möglichkeit der Vergesellschaftung von Privateigentum. Privateigentum kann demnach in Gemeineigentum oder andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden. Mit dieser Regelung verliehen die Mütter und Väter des Grundgesetzes der Unsicherheit Ausdruck, welche Wirtschaftsordnung die junge Bundesrepublik langfristig haben sollte. So finden sich zwar marktwirtschaftliche Elemente wie Freizügigkeit, Berufsfreiheit und Privateigentum, die eine voll entwickelte Zentralverwaltungswirtschaft ausschließen. Im Prinzip wurde die Wirtschaftsform aber bewusst offen gehalten. Nach 70 Jahren sozialer Marktwirtschaft wissen wir, welches ökonomische Grundprinzip sich in der Folge bewährt hat. Artikel 15 wurde in den vergangenen 70 Jahren nie angewendet. Die richtige Konsequenz daraus sollte sein, das Verfassungsfossil Artikel 15 endgültig aus dem Grundgesetz zu streichen. In Zeiten linker Vergemeinschaftungsphantasien brauchen wir das klare Bekenntnis zum Privateigentum.

Eine ewige Streitfrage in der Geschichte der Bundesrepublik ist die Beziehung zwischen Bund und Ländern. Wie die Gewichtung aussehen soll, beschäftigt uns immer wieder. Die Föderalismusreformen I und II liegen hinter uns. Wir Freie Demokraten streben nun die Föderalismusreform III an. Dadurch wollen wir die Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern im Bereich der inneren Sicherheit klar und effektiv zuordnen. Die Vorfälle rund um den Anschlag am Breitscheidplatz haben gezeigt, dass vor allem Doppelzuständigkeiten dafür sorgen, dass die Verantwortung unklar verteilt ist. Außerdem planen wir die Zentralisierung von Aufgaben, etwa durch die Möglichkeit, Verfassungsschutzämter zusammenzulegen oder Aufgaben der Länder an das Bundesamt für Verfassungsschutz zu delegieren. Das stellt den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit auf klare gesetzliche Grundlagen. Dafür, dass diese Regeln dann der Kontrolle und koordinierten Aufsicht durch die Parlamente und Datenschutzaufsichtsbehörden unterliegen, wollen wir ebenfalls die notwendigen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen schaffen.

Das Grundgesetz garantiert jedem Bürger seine Freiheit und legt die Spielregeln unserer Gesellschaft fest. Wir müssen daher immer wieder darüber sprechen, was es für uns bedeutet und wie wir es verbessern können.

Artensterben stoppen: Artenschutz auf neuen Wegen!

Die UNO-Experten haben in ihrem neuen dramatischen Bericht zum Artensterben gewarnt, dass eine Million Arten vom Aussterben bedroht sind. In Deutschland sind 7000 Arten bedroht und stehen auf der Roten Liste. Viele von ihnen sind Insekten und Vögel, die offene Landschaften bevorzugen, wie Goldammer, Turteltaube oder Rotklee-Sandbiene. Selbst innerhalb deutscher Naturschutzgebiete geht die Artenvielfalt weiter zurück. Meine Lösung, das Artensterben zu stoppen, lautet: Artenschutz 2.0 auf neuen Wegen.

Einer der bedeutendsten Gründe für den weltweiten Artenverlust ist der Flächenverbrauch: Die Weltbevölkerung nimmt zu, diese Menschen müssen ernährt werden, wollen wohnen, benötigen Infrastruktur. All das führt dazu, dass sich der Druck verstärkt, Flächen umzuwidmen. Wir müssen folglich überlegen, wie wir es schaffen, landwirtschaftliche Erträge in Deutschland zu erhalten und dabei den Lebensraum für Arten besser zu gestalten.

Dafür braucht der Naturschutz in Deutschland eine Trendwende. Aktuell gelten vor allem die Grundsätze „Bitte nicht betreten“ und „Bitte nicht berühren“. Zustände festzuschreiben und einzufrieren widerspricht allerdings den natürlichen Kreisläufen dynamischer, offener Systeme. Und wir vergessen dabei, dass für viele der bei uns heimischen Arten die aktuelle Form der Natur schon gar nicht mehr die ideale Umgebung ist. Der landschaftliche Optimalzustand liegt für viele von ihnen bereits über 200 Jahre zurück, vor Industrialisierung und moderner Landwirtschaft. Das erklärt auch den Artenrückgang in unseren Naturschutzgebieten! Weder in der modernen, immer effektiveren Landwirtschaft noch in den wieder zuwachsenden Wäldern finden Offenlandarten wie Rebhühner und Kiebitze Rückzugsorte. Optimale Lebensbedingungen für die bedrohten Arten findet man vielmehr in Steinbrüchen, Industriebrachen, Bahnanlagen und Truppenübungsplätzen vor. Um Arten tatsächlich zu schützen, müssen wir verschiedene Biotoptypen schaffen, die an die unterschiedlichen Bedürfnisse der Arten angepasst sind.

Artenschutz funktioniert am besten zusammen mit den Landwirten, nicht gegen sie. Vor allem unproduktive Flächen, sogenannte Grenzproduktionsstandorte, kommen für den Artenschutz in Frage. Dort können Biotopverbunde entstehen. Die einzelnen kleinen Biotope entstehen auf Gemeindeebene und sind vom nächsten renaturierten Biotop fünf bis zehn Kilometer entfernt. Das erlaubt den Austausch der Arten zwischen den Biotopen und vermeidet Inzuchtdepressionen. Trockene Standorte taugen als Biotop mit Freiflächen für Feldlerche, Silbergras und viele Schmetterlingsarten. An Standorten mit hohem Grundwasserstop entstehen dagegen Feuchtbiotope. Dort werden Weiher angelegt mit Lebensräumen für die Gelbbauchunke, die Bekassine und Köcherfliegen. Ziel muss sein, einen Flickenteppich solcher Biotope verteilt über die ganze Republik zu entwickeln. Wichtig ist, dass alle Biotope, die zur Arterhaltung angelegt werden, gepflegt werden und wir die komplexen Zusammenhänge verstehen, die eine jeweilige Art zum Überleben braucht. Das beginnt mit der Wahl der an den Standort angepassten Pflanzenarten geht  bis hin zum Management der Fressfeinde.

Die Landwirtschaft muss aus den Biotopen natürlich auch einen Vorteil ziehen. Sie könnten ihren Mehrwert beispielsweise durch Vertragsnaturschutz oder die Verrechnung mit Ausgleichsmaßnahmen und ökologischen Vorrangflächen ziehen.

Um das Artensterben zu stoppen, reicht es nicht aus, die Natur einfach Natur sein zu lassen. Wir brauchen im Naturschutz Qualität statt Quantität.

In der aktuellen Stunde am 10. Mai habe ich meinen Plan für den Artenschutz 2.0 im Plenum vorgestellt. Meine Rede können Sie hier nachverfolgen:

https://dbtg.tv/fvid/7353254

Steuerschätzung prognostiziert Milliardenloch: Höchste Zeit für Entlastungen!

Bundesfinanzminister Scholz hat im Mai die neue Steuerschätzung vorgestellt. Demnach muss der Staat bis 2023 mit über 124 Milliarden weniger Steuereinnahmen auskommen. Alleine beim Bund fehlen über 70 Milliarden Euro. Die Zahlen zeigen, dass die Bundesregierung mit ihrer Haushaltspolitik krachend gescheitert ist. Die Große Koalition hat Steuergelder verteilt, als gäbe es kein Morgen. Es ist höchste Zeit für eine seriöse Finanzpolitik mit den richtigen Prioritäten.

Das Wirtschaftswachstum geht zurück, weil Union und SPD zu lange untätig waren, und schon entstehen Milliardenlöcher im Haushalt. Wobei Milliardenloch es im Prinzip nicht ganz trifft: Die Bundesregierung hat in ihrem Haushalt auf Geld spekuliert, das sie nicht bekommt. Allerdings werden die Einnahmen nur niedriger als erhofft ausfallen, sind aber immer noch sehr hoch. Eine sparsame, vernünftige Politik käme damit gut zurecht. Nur die GroKo hat die exzellente Einnahmensituation des Staates als selbstverständlich erachtet. Vor dieser Entwicklung haben wir Freie Demokraten stets gewarnt. Wir haben die Bundesregierung wiederholt dazu aufgerufen, Schulden abzubauen, Reserven anzulegen und die richtigen Investitionen anzustoßen. Nichts davon hat sie beherzigt. Stattdessen wurden Wahlgeschenke verteilt, von Baukindergeld über die Rente mit 63 bis zur Mütterrente. Alle Konflikte in der Koalition wurden mit Milliarden zugeschüttet.

Für die FDP-Fraktion hat jetzt alles Priorität, was der arbeitenden Mitte im Land hilft, eine drohende Wirtschaftskrise verhindert und neue wirtschaftliche Dynamik entfacht. Wachstum muss die Devise lauten. Deshalb müssen die Menschen und Unternehmen spürbar entlastet werden. An Stellschrauben mangelt es dabei nicht. Vor allem drei Punkte stehen für uns Freie Demokraten dabei im Mittelpunkt:

  • Wir rufen die Bundesregierung jetzt dazu auf, ein Ausgabenmoratorium zu beschließen: Keine neuen Ausgaben, solange nicht Klarheit über die Einnahmesituation herrscht. Auch die bereits abgesegneten Maßnahmen, die in dieser Wahlperiode noch anstehen, gehören auf den Prüfstand. Die Regierung darf nicht warten, bis Deutschland in die Rezession rutscht, sondern muss aktiv werden, um die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen so gering wie möglich zu halten.
  • Unnötige bürokratische Auflagen müssen abgebaut werden. Sie hemmen Innovationen, verursachen Mehrkosten und wirken sich negativ auf die Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Deutschland aus. Der Gesetzgeber versucht zu oft, die größtmögliche Gerechtigkeit für jeden Einzelfall zu schaffen und wird dadurch am Ende niemandem gerecht. Das Ziel, passgenaue Regulierungen zu schaffen, führt nur zu überflüssiger Bürokratie durch eine Fülle von Ausnahmetatbeständen. Der Ansatz der FDP-Bundestagsfraktion lautet, gezielt das Steuerrecht von unnötigem Aufwand zu befreien. Das gilt insbesondere für die Unmenge an Genehmigungen, Statistiken und behördlichen Verfahren, mit denen sich gerade kleine und mittlere Unternehmen allgegenwärtig konfrontiert sehen. Die Unternehmerinnen und Unternehmer in unserem Land müssen sich wieder auf ihre eigentliche Tätigkeiten konzentrieren können.
  • Wir halten nach wie vor an unserer Forderung fest, dass der Soli in dieser Legislaturperiode komplett abgeschafft werden soll. Der Soli war als Ausnahmeinstrument gedacht und wurde für die besonderen Herausforderungen der Wiedervereinigung beschlossen. Ihn abzuschaffen würde jährlich rund 20 Milliarden Euro in die Taschen der Bürgerinnen und Bürger spülen.

Plastikmüll: Einwegbecherverbot geht an den eigentlichen Problemen vorbei

Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat Coffee-to-go-Einwegbechern den Kampf angesagt. Handel und Gastronomie sollen primär Mehrwegbecher anbieten, der Kaffee in Wegwerfbechern soll teurer werden als aus der Mehrwegvariante. Das Umweltbundesamt schlägt Abgaben von 20 Cent pro Becher und zehn Cent pro Deckel vor. Das ist erstens kein ausreichender Plan gegen das achtlose Entsorgen von Müll in die Umwelt, das sogenannte Littering, und verkennt zweitens das eigentliche Problem in Deutschland, das Mikroplastik.

Der Vorstoß der Umweltministerin zu Einwegbechern zeigt, dass sie Ursachen und Wirkung verkennt. Die Beteiligung der Hersteller an den Kosten wird vor Ort nicht das Wegwerfen von Einwegbechern verhindern. Von einem flächendeckenden Plan gegen Littering ist dagegen keine Spur zu finden. Erst Einwegplastik, jetzt Einwegbecher: Es reicht eben nicht, einzelne Produkte zu verteufeln oder zu verteuern. Chipstüten, Kaugummis und Zigarettenstummel werden weiter in der Umwelt landen. Wir brauchen einen intelligenteren Ansatz: Mit mehr Mülleimern im öffentlichen Raum, die öfter geleert werden und nicht ständig überfüllt sind, einer Kampagne zur Bewusstseinsbildung und Bußgelder für die unverbesserlichen Umweltsünder. Persönlich sehe ich die Kommunen in der Verantwortung. In den letzten Jahren wurden öffentliche Mülleimer abgebaut. Und jetzt wundern wir uns, dass die Menschen ihren Müll in den Wald oder auf die Strände werfen.

Von Ministerin Schulzes Verteufelung des Plastiks halte ich nichts. Es ist der Wertstoff der Zukunft: leicht, rein, flexibel, wärmedämmend, hitzebeständig und günstig. Natürlich ist die Herausforderung, dass es nicht in die Umwelt gelangen soll. Das ist eine der wesentlichen umweltpolitischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Den Werkstoff Plastik gilt es zu sammeln, zu sortieren und wiederzuverwenden. Das Problem auf EU-Ebene mit Plastikabfällen ist derzeit vor allem, dass wir oft deshalb nicht recyceln, weil wir dadurch nicht gleichwertige, sondern minderwertige Qualität erzeugen. Besseres Recycling geht nur mit innovativen Ideen und Investitionen in die Sortiereinrichtungen. Wir müssen die Stoffe besser sortieren. Blockchainverfahren wären eine innovative Möglichkeit, um die Digitalisierung in der Rohstoff- und Abfallentsorgung zu etablieren.

Verbote sind der Ausdruck politischer Hilflosigkeit. Das Meer wird auch nicht sauberer, wenn die EU-Bürger mit Makkaroni statt Plastikstrohalmen trinken. Wir lenken nur davon ab, dass auch in vielen Ländern der EU wegen eines fehlenden Deponierungsverbotes noch immer Hausmüll im Boden vergraben werden darf und Plastikartikel mit ungeklärtem Wasser ins Meer gespült werden.

Unser eigentliches Problem in Deutschland heißt übrigens Mikroplastik. Hierzu fehlt ein brauchbares Konzept der Umweltministerin. Die Industrie kann sich daran durch Forschung und Entwicklung beteiligen - von der Frage, wie wir Mikroplastikpartikel im Wasser durch Weiterentwicklung der Produkte vermeiden können, bis hin zur Entwicklung von Produkten, deren Plastikanteil sich in den Kläranlagen besser herausfiltern lassen.